Holzchips und Fassreifung

Whisky, Fakten, Spaß

Holzchips und Fassreifung

Fass

Oder wie kommt Geschmack in den Whisky?

Wenn du bei google die Worte Whisky Distillery eingibst, taucht bei den Ersten paar Bildern bestimmt ein Fass auf. So wurde das ja schon immer gemacht. Es wird etwas gebrannt, ins Fass gelegt und irgendwann kommt es dann als fertiges Produkt in dein Glas.

Verschiedene römische Quellen ab 50 vor Christus erwähnen schon Fässer. Also kann man hier eindeutig sagen, dass das Fass vor dem Whisky da war. Wir haben keine Huhn-/ Ei-Diskussion.

Das Holzfass begleitet den Whisky also schon von Beginn an. Wahrscheinlich wurde es zu Beginn zum Transport sehr geschätzt. Damals gab es noch keine Regelungen, wie Whisky hergestellt werden soll. Das Destillat kam aus der Brennblase zum Transport in das Fass und ab in die Schankstube oder zu den Patienten. Patienten? Ja ganz früher wurde Whisky für medizinische Zwecke verwendet. Nach und nach haben die alten Schotten dann entdeckt, dass die Aufbewahrung im Fass dem Inhalt mehr Farbe, Aromen und Geschmack gibt. So haben findige Brenner angefangen mit der Fasslagerung zu spielen und den Whisky länger im Fass zu behalten. Das ging so weit, dass gesetzlich festgelegt wurde, eine Mindestreifezeit von drei Jahren zu bestimmen.

Fässer und Geschmack

Was passiert denn nun mit dem Destillat im Fass? Im Endeffekt nimmt der Whisky die Geschmacksnoten des Holzes auf und gibt gleichzeitig eigene Geschmacksnoten an das Fass ab. Das heißt, das Destillat wird im Optimalfall runder und weniger stechend. Es baut auch Alkohol ab, wenn die Temperaturen passen.

Wichtig ist, dass nur Eichenholz verwendet wird. Das bietet die optimalen Bedingungen für die Lagerung unseres Lieblingsgetränks. Es harzt kaum und hat keine unangenehmen Aromen. Wenn das Fass fertig ist, wird es ausgebrannt. Das bedeutet, dass im Fassinneren eine Schicht verbrannten Holzes ist. Diesen Vorgang nennt man Toasten. Hier wird die Holzstruktur aufgebrochen, Zellulose wird zu Holzzucker aufgespalten und karamellisiert. Auch bildet sich Vanillin. Nur wenn das Fass getoastet ist, kann der Whisky im Fass tatsächlich reifen und die oben beschriebenen Prozesse ablaufen.

Welche Eiche verwendet wird, ist wiederum der Distillery überlassen. Von amerikanischer, europäischer oder sogar japanischer Eiche (Mizunara Eiche) ist alles möglich. Evtl. schreibe ich hier noch einen Eintrag zu den Holzarten und ihren Besonderheiten.

Die Schotten verwenden für ihren Whisky gerne gebrauchte Bourbonfässer. Hier ist die Holzschicht nicht mehr so aktiv und das Vanillin und die Würze des Fasses nicht mehr so stark. So erhält man einen ausgewogeneren Geschmack. Probiert einen Bourbon und ihr habt wahrscheinlich eine höhere Würze und Vanille Geschmack, als bei einem schottischen Whisky. Für Bourbon müssen nämlich neue Fässer verwendet werden. Die Schotten sind dankbar, kaufen sie den Amerikandern ab und verwenden die gebrauchten Bourbonfässer dann zur Erstbefüllung.

Übrigens kann es bei einem Bourbon je nach Temperatur passieren, dass Wasser im Fass verdunstet und nicht der Alkohol. So gibt es manchen Bourbon, der mit weniger Alkohol ins Fass kam, als dann in der Flasche landet.

Finishes und Vollreifung

Je länger nun das Destillat im Fass mit dem Holz interagieren kann, desto intensiver wird der Geschmack und teilweise auch die Farbe.

Wird entschieden, dass der Alkohol von Beginn an in ein bestimmtes Fass kommt und von dort aus direkt abgefüllt wird, spricht man von einer Vollreifung. Der Alkohol hat die gesamte Zeit im gleichen Fass verbracht. Das hat den Vorteil, dass die Aromen des Fasses voll aufgenommen werden können. Bei einem Sherry-Fass erhält man so meist eine wunderschöne dunkle Farbe, einen Geschmack von Rosinen und Trockenfrüchten, Leder und vielleicht einen Hauch Politur.

Teilweise ist die Farbe so dunkel, dass sie einer Cola Konkurrenz macht. Abfällig wird so ein dunkler Whisky dann auch Stoff für Farbtrinker genannt. Die fliegen nur so auf dunkle Whiskys und kaufen diese beinahe blind. Ein dunkler Whisky hat aber nichts über die Qualität zu sagen, deshalb der Begriff Farbtrinker.

Ein Master Distiller kann sich also entscheiden, dass er den Whisky komplett in einem Fass lässt. Aber was machen wir jetzt, wenn wir feststellen, dass nach jahrelanger Reifung der Whisky nicht so toll ist? Oder, dass er zwar gut ist, aber noch irgendwas zu der Stufe sehr gut fehlt? Pech gehabt, alles umsonst, werfen wir das Zeug raus oder verkaufen wir es an einen Blender. Der kann schon noch was damit anfangen.

Nein, wir werfen doch auch kein Geld aus dem Fenster. Hier kommt das Finishing ins Spiel. Vor der Abfüllung wird hier der Whisky nochmals in ein anderes Fass gegeben, das vorher einen anderen Inhalt hatte.

Eigentlich wurde das auch früher schon immer wieder gemacht, aber in letzter Zeit erlebt Finishing einen Boom. Balvenie waren mit die Ersten, die einen Whisky gefinished haben und nach und nach folgten alle anderen Distilleries.

Die Vorteile hier liegen auch auf der Hand. Man kann einen eher mittelmäßigen Whisky noch retten durch die kurzzeitige Reifung in einem anderen Fass. Man kann aber auch einen schönen Whisky nochmals ein gewisses Extra hinzugeben, was ihn außergewöhnlich macht.

Finishes haben allerdings wegen der ersten Möglichkeit einen eher schlechten Ruf in der Whisky Nerd Szene. Den halte ich persönlich für unbegründet. Allerdings nimmt das Finishing inzwischen schon sehr starke Ausmaße an.

Den Arten der Fassreifung sind übrigens keine Grenzen gesetzt. Klassisch sind Reifungen in Fässern, die vorher mit Bourbon oder Sherry belegt waren. Inzwischen gibt es auch viele Weinfassreifungen, von Barolo über Port zu Sauternes.

BenRiach hat vor einigen Jahren eine komplette Wood Finish Reihe rausgebracht. Da waren Madeira, Sauternes, Tawny Port, Sherry, Barolo, Burgundy und Moscatel dabei. Und tatsächlich hat jeder dieser Whiskys eine ganz eigene Geschmacksnote, je nachdem in welchem Fass er war. Der Gaja Barolo ist der Seltenste aus der Reihe und ich hatte leider noch keine Möglichkeit ihn zu probieren.

Es gibt sogar inzwischen Finishes im Bierfass. Du siehst, der Kreativität sind keine Grenzen gesetzt.

Holzchips und Entwicklung

Je kleiner das Fass, desto schneller läuft die Reifung ab. Das liegt daran, dass bei kleineren Fässern mehr Whisky mit der Oberfläche des Fasses in Berührung kommt und interagiert. Und jetzt kommen wir zu einem Kniff, der skeptisch beobachtet wird und wahrscheinlich kurz bis mittelfristig wenig Beachtung finden wird. Aber wer weiß was die Zukunft bringt. Vergrößern wir die Kontaktfläche, haben wir eine schnellere Reifung. Salopp gesagt. Warum also nicht das Fass shreddern und in den Alkohol werfen? So sparen wir uns doch jahrelange Wartezeit.

Tatsächlich gibt es diese Holzchips schon in verschiedensten Geschmacksnoten. Eine amerikanische Distillery hat auf diese Art diverse Bourbons kreiert. Sie nehmen einen sehr jungen Whiskey, der weniger als 6 Monate im Fass war und geben den in einen Stahltank. Dort gibt die Distillery dann Holzchips dazu und simuliert die natürliche Alterung. Das schaffen sie, in dem sie den Druck, die Temperaturen und den Sauerstoffgehalt regelmäßig ändern. So wird die Reaktion des Alkohols mit dem Holz verstärkt. Innerhalb kürzester Zeit kann so der Bourbon hergestellt und eine jahrelange Reifezeit umgangen werden. Aber darf das dann jetzt Whisky genannt werden? Nein – per Definition ist das kein Whisky. Allerdings dürfen sie Bourbon Whiskey auf das Getränk schreiben. Whiskey es kommt ja auch aus Amerika.

Tatsächlich finde ich den Ansatz spannend, da er die gestiegene Nachfrage nach Whisky befriedigen könnte. Leute die weniger Puristen sind, haben ein whiskyähnliches Getränk, das schnell und kostengünstig hergestellt werden kann. Whiskyliebhaber können weiterhin bei ihrem lang und natürlich gereiften Whisky bleiben. Ich denke, dass wir in längerfristiger Zukunft mehr solcher Experimente sehen werden.

Das mit den Holzchips könnt ihr auch selbst ausprobieren. Kauft euch solche Chips und gebt sie mal in euren Dram. Lasst sie nur nicht zu lange drin, denn die Reaktion erfolgt sehr schnell. Wenig Flüssigkeit viel Oberfläche vom Holz bedeutet schnelle Reaktion

Fazit

Das Fass war schon eine tolle Erfindung. Es ermöglicht unserem Lieblingsgetränk erst das zu werden, was es ist. Unbedingte Pflicht ist das Ausbrennen des Fasses vor seiner Befüllung mit Alkohol. Durch Temperaturschwankungen und andere klimatische Einwirkungen über die Zeit, kommen hier tolle Aromen in den Whisky. Die klimatischen Einflüsse haben auch einen wichtigen Anteil, da sie die Stärke der Reaktion mitbestimmen. Als Faustregel gilt je feuchter und wärmer, desto mehr Angel’s Share und schnellere Reifung, je kälter desto langsamer die Reifung. Schwankt die Temperatur oft und stark, steigt die Reifegeschwindigkeit auch.

Ob frische Fässer verwendet werden, oder gebrauchte, hat ebenfalls Auswirkungen auf den Geschmack, so wie die Größe des Fasses. Es ist dem Master Distiller selbst überlassen, auf eine Vollreifung oder ein Finish zu setzen. Er erkennt anhand der Fassprobe, ob die Vollreifung perfekt ist, oder ob noch ein Finish in einem anderen Fass benötigt wird.

Und ob die Zukunft in der Fassreifung und Finishes liegt, oder in der Holzchip-Methode, wird die Zeit zeigen.  Ich persönlich finde die Underground Bourbon mit der Holzchip-Methode ganz nett, bevorzuge aber doch meine gewohnten jahrelang gereiften Whiskys. Der Mensch ist nun mal ein Gewohnheitstier. Aber wer weiß was passiert, wenn eine neue Generation mit Holzchip-Reifungen aufwächst.

In den nächsten Beiträgen gehe ich dann auf ungewöhnliche Reifeorte ein, die sich die Brennereien ausgedacht haben. Das wird auch spannend.

PS: Das Bild der Holzchips stammt aus wikimedia: https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/d/d8/Glycyrrhiza_glabra_%28Pile_of_Spanish_wood_chips%29.jpg
Das Fass habe ich vor einigen Jahren gewonnen, der Inhalt aber vorher umgefüllt.

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