Fèis Ìle
Jedes Jahr in der letzten Maiwoche dreht die Whiskywelt durch. Okay sie dreht gerade gefühlt sowieso durch, aber die Krone wird dem in diesem Zeitraum auf der Insel Islay aufgesetzt. Denn das Festival of Music and Malt findet hier statt. Eine Woche lang wird Islay daher das Zentrum der Pilgerfahrt ins heilige Whiskyland. Die Distillerys der Insel haben an jeweils unterschiedlichen Tagen für die Besucher einen Tag der offenen Türe und bieten Sonderabfüllungen an, haben Bands und veranstalten Führungen.
Aber was ist das Fèis Ìle denn genau und seit wann gibt es das? Was macht es so besonders? Dem will ich heute auf den Grund gehen. Den Beitrag schreibe ich am 28.05.2022, während der Tag der Offenen Türe meiner Lieblingsdistillery stattfindet. Ich denke ich werde die Reihe um die Besitzer unterbrechen, um ihn kurz nach dem Fèis Ìle 2022 zu veröffentlichen. Vielleicht ist das für einige unter Euch dann eine kleine Rückschau auf ein tolles Fest.
Also lehne dich zurück und erkunde mit mir das Festival of Music and Malt. Vielleicht hast du ja eine der Festivalabfüllungen dieses oder der vergangenen Jahre und kannst sie beim Lesen genießen.
Geschichte
Im Jahr 1984, übrigens ein guter Jahrgang, wurde ein Ausschuss zur Förderung der Gälischen Sprache und Kultur gegründet. Diese wurde langsam vergessen, war daher bedroht und das erste Gälische Dramafestival fand statt.
Aus diesem Dramafestival hat sich dann über die Jahre das Fèis Ìle herausgebildet. Nach dem Dramafestival gab es ein Wochenende voller Konzerte und Ceilidhs. Ursprünglich stammt Ceilidh von dem gälischen Wort für Zusammenkunft oder Party. Heutzutage ist ein Ceilidh eher eine schöne Nacht mit wilden Tänzen, guter Musik und toller Gesellschaft. Es ist ein schottisches Fest, das traditionelle Volksmusik und Tänze beinhaltet. Daran kann dann jeder von jung bis alt teilnehmen und Spaß haben.
In den Anfangszeiten des Festivals haben die unterschiedlichen Gemeinden um Titel wie „Das am besten dekorierte Dorf“ gerungen. Der krönende Abschluss war der Karnevalstag. Es waren zwei Wochen voller Musik, Theater, Workshops, Gesprächen, Ceilidhs, Konzerten und Tänzen und es wurde eine Karnevalskönigin gekrönt. Wichtig war damals, dass die ortsansässigen Leute und Kommunen teilnehmen und Spaß haben. Mit Whisky hatte es überhaupt nichts zu tun. Die Brennereien hatten damals noch nicht die Marketingabteilungen und das Budget, wie sie es heute haben.
1990 gab fand dann das erste Whisky Tasting-Event statt. Bis die Brennereien selbst eine größere Rolle in dem Festival spielten, dauerte es noch bis zum Jahr 2000. Erst dort führten sie ihren speziellen Tag der offenen Türe und die Fèis Ìle Sonderabfüllungen ein.
Das Fèis Ìle ist die non profit Organisation, aus der sich das heute bekannte Festival of Music & Malt entwickelt hat. Die Organisation arbeitet heute Hand in Hand mit den lokalen Brennereien, lokalen Musikern und anderen Interessensgruppen, um alle Facetten von Islay zu beleuchten. Während des Festivals verdreifacht sich die Zahl der Einwohner der Insel.
Es wurde von der kleinen eher lokalen Veranstaltung im Jahr 1984 zur Förderung der Islay Kultur, zum in der ganzen Whiskywelt bekannten Festival. Und die meisten Leute gehen heute wegen des Whiskys auf das Festival, die Kultur ist eher Beigabe geworden.
Die Festivalabfüllungen
Wer zum Festival of Music and Malt auf Islay geht, hat es bestimmt auch auf die Festivalabfüllungen der Brennereien abgesehen. Ich selbst war noch nicht dort, habe aber aus verschiedenen Erzählungen gehört, dass sich schon morgens Schlangen vor den Brennereien bilden. Denn die meisten Abfüllungen gibt es nur vor Ort. Ausnahmen bilden Laphroaig, Ardbeg und teilweise Port Charlotte und Kilchoman. Bei Laphroaig, Lagavulin und Caol Ila kann man jedes Jahr die Festivalabfüllung zu einem bestimmten Zeitpunkt online kaufen. Von Port Charlotte und Kilchoman habe ich es einmalig mitbekommen.
Die Veröffentlichung des Cairdeas von Laphroaig und des Committee Release von Ardbeg und der Abfüllungen von Lagavulin und Caol Ila führte in der Vergangenheit regelmäßig zu Serverzusammenbrüchen und frustrierten Raritätenjägern. Auch ich saß schon in einer Mischung aus Frustration und Belustigung vor dem Rechner, wenn nichts vorwärts ging und man dann eine Stunde später gelesen hat, dass die Veröffentlichung verschoben wird. Ich meine es war 2019, als Laphroaig den Vogel abgeschossen hat und den Verkauf zweimal verschieben musste? Beide Male waren sie dem Ansturm der Käuferschaft nicht gewappnet und die Seite brach unter der Last zusammen. Nichtsdestotrotz habe ich es immer wieder probiert und konnte auch meistens zuschlagen. Die Abfüllungen lohnen sich meiner Meinung nach auch, denn sie schmecken gut. Eine Ausnahme bildet für mich der Laphroaig von 2018 aus einem Finofass.
Am meisten ins Zeug gelegt, hat Laphroaig sich zum 200-jährigen. Die Abfüllung hat es in sich und vereint alle Qualitäten, die ich an der Brennerei so mag. Den diesjährigen aus dem Warehouse 1 habe ich ncoh nicht probiert.
Ardbeg hat die Probleme mit der Serverlast inzwischen so gelöst, dass man in eine virtuelle Warteschlange kommt und unabhängig davon, wann man sich anstellt, erhält man die Möglichkeit eine Flasche zu kaufen, oder nicht. Etwas enttäuschend, da das reine Zufallsprinzip herrscht, aber wenigstens geht der Verkauf so problemlos über die Bühne.
Um an die Sonderabfüllungen der anderen Brennereien zu kommen, muss man dann Glück haben und über Freunde oder eine Messe zum Probieren zu kommen. Oder man bezahlt etwas mehr, als auf Islay nötig gewesen wäre, um an eine der begehrten Flaschen zu kommen. Ob es das wert ist, muss jeder für sich selbst entscheiden. Ich habe bei der 2016-er Version von Lagavulin zugeschlagen und kann euch sagen, dass das Ding sehr lecker ist.
Die Festivalabfüllungen sind also wirklich etwas Besonderes. Auch die Atmosphäre, die viele Livemusik und Veranstaltungen der Brennereien und der Gemeinden machen das Festival einzigartig.
Das Festival 2022
Dieses Jahr findet das Festival endlich wieder mit Publikum statt. In den vergangenen beiden Jahren hat COVID Besucher vor Ort verhindert und ein paar Brennereien sind auf online Veranstaltungen ausgewichen. 2021 konnte ich dank Manu am virtuellen Bruichladdich Tasting teilnehmen. Es war eine super Veranstaltung und hat Spaß gemacht, aber vor Ort wäre es natürlich noch viel besser gewesen.
27.05 war die Eröffnungsveranstaltung auf den Port Ellen Playing Fields, jeder konnte teilnehmen, es gab Musik, Fahrgeschäfte und verschiedene Verpflegungsstände.
28.05 ist der Tag der offenen Tür von Lagavulin.
29.05 folgt Bruichladdich
30.05 Caol Ila
31.05 Laphroaig
01.06 Bowmore
02.06 Kilchoman
03.06 Bunnahabhain
04.06 Ardbeg
Das ist das Programm für dieses Jahr und jede Distillery hat sich ein eigenes Programm vor Ort ausgedacht, um die Besucher zu unterhalten und ihren Aufenthalt so angenehm wie möglich zu machen.
Fazit
Wie gesagt war ich selbst noch nie vor Ort, vielleicht ist das Fazit daher unangebracht. Aber ich frage mich gerade auch, ob ich das Festival live miterleben will. Die Insel ist zu dem Zeitpunkt völlig überlaufen und die Schlangen für Sonderabfüllungen scheinbar sehr lang. Klar wäre es für mich wahnsinnig interessant das mal live zu erleben, aber ich glaube die Masse an Leuten würde mir den Spaß daran etwas verderben. Vor allem will ich nicht für eine tolle Abfüllung ewig anstehen und mit Pech leer ausgehen. Ja das sind die modernen Zeiten und damit müssen wir Whisky Enthusiasten heute leben. Online läuft das auch nicht anders, aber da kann ich nebenbei noch etwas anderes tun. Aber ich glaube vor ein paar Jahren war das Festival noch ruhiger und angenehmer zu besuchen. Nur habe ich den Zeitpunkt verpasst.
Auf der anderen Seite finde ich es toll, was das Fèis Ìle Komitee da auf die Beine gestellt hat und es so auch schafft die Kultur und lokale Künstler zu fördern.
Von daher werde ich wahrscheinlich irgendwann wirklich selbst vor Ort sein und mir ein Bild von der Lage machen. Ich weiß nur noch nicht, wann das der Fall sein wird.
Warst du schon vor Ort? Wie waren deine Eindrücke? Hast du das Festival mehrfach besucht? Da interessiert mich dann dein Vergleich von früher zu heute. Schreib mir gerne auf markus@whisky-wissen.de