Die Besitzer – Diageo
Schottland, wolkenverhangener Himmel, es ist windig, das Meer trifft auf die Klippen, zerstäubt in feiner Gischt und leichter Nieselregen fällt vom Himmel. Im Hintergrund hört man sanft, weil aus weiter Entfernung, einen Dudelsackspieler. Das Glas Whisky in der Hand schmeckt bei diesem Anblick besonders gut. Whisky als das schottische Nationalgetränk passt da sowieso sehr gut ins Bild.
Nicht ganz so ins Bild passt, dass hinter unserem Whisky oft Konzerne stecken, die weltweit tätig sind und nicht nur mit Whisky zu tun haben. Die Verflechtungen reichen von Amerika, der Karibik über Frankreich bis nach Japan. Unser Lieblingsgetränk ist also internationaler, als wir vielleicht annehmen. Ein paar der Konzerne, die hinter den Brennereien stecken, will ich heute mit dir erkunden. Woher kommt das Geld, das in die Brennerei investiert wird, was macht der Konzern noch und wo ist er angesiedelt?
Also schauen wir mal, ob du heute tatsächlich einen Whisky in der Hand hältst, dessen Inhaber auch schottisch ist, oder ob dein Whisky jemandem aus einem anderen Land gehört. Egal wie, genieße ihn und ergründe mit mir, wer hinter den einzelnen Brennereien steckt. Denn auch wenn der Konzern vielleicht auf den Bermudas sitzt, der Inhalt unseres Glases ist noch immer schottisch und schmeckt mit dem neuen Wissen auch nicht anders. Wir sind nur etwas schlauer als vielleicht vorher.
Wir schauen uns jetzt in den kommenden Wochen ein paar dieser Konzerne an. Praktisch ist, dass drei meiner Lieblingsbrennereien unterschiedlichen Konzernen angehören und vielleicht finden wir auch noch einen anderen Konzern.
Diageo
Der Konzern Diageo hat ein so breites Angebot, dass wirklich für jeden von uns etwas dabei ist. Von Whisky wie Lagavulin, Caol Ila oder Johnnie Walker über Vodka mit Smirnoff, Rum mit Captain Morgan oder Ron Zacapa bis hin zu Guinness gehört alles zu Diageo. Du hattest sehr wahrscheinlich schon etwas von Diageo im Glas, ohne es zu wissen. Doch wie konnte so ein Imperium entstehen?
Meine absolute Lieblingsdistillery ist vom ersten jemals von mir getrunkenen Whisky bis einschließlich heute, eindeutig Lagavulin. Ich habe tatsächlich noch keinen Lagavulin getrunken, der mir nicht geschmeckt hat. Auch in Blind Tastings. Das ist ein Fakt, der auf keine andere Brennerei zutrifft. Liebe auf den ersten Schluck quasi.
Seit 1927 gehört Lagavulin zur Distillers Company Limited, deren Wurzeln in der Scotch Distillers Association liegen. Einer Handelsvereinigung die schon 1865 gegründet wurde. 1925 kam John Walker & Son zu der Gesellschaft und wie oben schon geschrieben 1927 Lagavulin. Du siehst die Basis ist sehr breit aufgestellt.
Der Guinness share-trading fraud
1986 hat Guinness für 2,7 Milliarden Pfund die Distillers Company Limited gekauft und 1987 in United Distillers umbenannt. Die Transaktion ging nicht ganz mit rechten Dingen zu und entwickelte sich zu einem Aktienskandal, der im Englischen bekannt ist unter dem Begriff Guinness share-trading fraud. Dieser kam durch Vernehmungen von Ivan Boesky, einem Aktienspekulant, der in den USA wegen Insiderhandel überführt wurde, ans Licht. Boesky hatte einen Deal mit den Ermittlern, um seine Strafe zu reduzieren und somit allen Grund zu reden.
Vorab solltest du wissen, dass die Guinness Gesellschaft damals deutlich kleiner war als die Distillers Company. Da größere Gesellschaften meist mehr Geld zur Verfügung haben, ist es für die Kleinen schwierig sie zu kaufen. Man denke nur an die versuchte Übernahme von VW durch Porsche im Jahr 2008, die dann in der Übernahme von Porsche durch VW endete.
Die Distillers Company selbst war in Gefahr einer feindlichen Übernahme durch Argyll, der damals viertgrößten Supermarktkette in Großbritannien und bevorzugte Guinness als Partner.
Boesky und vier weitere Geschäftsmänner, auch bekannt als Guinness Four, haben nun zusammen in großem Stil Aktien von Guinness gekauft, um den Kurs nach oben zu treiben. Der Vollständigkeit halber nenne ich die Namen der Guinness Four: Ernest Saunders, Gerald Ronson, Jack Lyons und Anthony Parnes.
Über 11 Firmen und mindestens sechs Länder verteilt, haben sie für ca. 300 Millionen Pfund Guinness Aktien gekauft. Das hat den Aktienkurs tatsächlich gesteigert und die Übernahme letzten Endes ermöglicht. Teilweise wurden die Aktionäre von Distillers mit Guinness Aktien entlohnt und das Angebot somit sehr attraktiv.
Guinness garantierte für den Fall, dass der Aktienkurs wider Erwarten sinkt, dass sie alle Verluste der teilnehmenden Finanzierer ausgleichen. Dies war für die Eingeweihten ein unfairer Vorteil und nicht legal. Die Beteiligten wurden nach Gerichtsverhandlungen zu Gefängnis- und / oder Geldstrafen verurteilt, die Übernahme selbst blieb aber bestehen.
Letzten Endes hat Guinness 38 Millionen Pfund für die Manipulation des Aktienkurses bezahlt. Das Ganze hat sich jedoch gelohnt, da sich der Kurs nach der Übernahme im Vergleich zu vorher verdreifachte.
Diageo entstand dann im Jahr 1997 aus dem Zusammenschluss von Guinness mit Grand Metropolitan.
Whisky von Diageo
Der Einfachheit halber, werde ich auch bei Themen in der Vergangenheit nur noch von Diageo schreiben. Seit 1987 vertreibt Diageo die sogenannte Classic Malt Reihe. Inzwischen gehören 13 Brennereiabfüllungen zu dieser Reihe, damals waren es noch sechs. Es sollten die klassischen Whisky-Regionen vertreten sein mit je einer zu Diageo gehörenden Distillery. Das wäre für Skye Talisker, Dalwhinnie für die Highlands, für die West Highlands Oban, für die Lowlands Glenkinchie, Cragganmore für die Speyside und last but not least Lagavulin für Islay. Wer sich jetzt aus meinem damaligen Blogbeitrag Schottische Whisky Regionen gemerkt hat, dass es eigentlich nur 5 offizielle Regionen gibt, wundert sich dann doch ein bisschen über die West Highlands.
Dazu gibt es seit 2001 die Special Release Reihe. In dieser Reihe sind besondere Whiskys aus dem Diageo Portfolio, seien es ältere oder besondere Reifungen. Zum Auftakt der Serie wurde ein 28-jähriger Talisker abgefüllt und verkauft. Auch gehört seit einigen Jahren beinahe jedes Jahr ein neuer 12-jähriger Lagavulin dazu. Preislich lagen wir, seit ich darauf aufmerksam geworden bin, bei einem EK von ungefähr 90 € im Jahr 2016 bis zu ungefähr 125 € im Jahr 2021.
2021 war auch ein 26-jähriger Lagavulin in der Auswahl dabei. Dieser hatte jedoch schon einen Einkaufspreis von ungefähr 1.800 Euro. Ein extrem hoher Preis meiner Ansicht nach und mir zu teuer, allerdings eben etwas Besonderes. Es gibt selten einen Lagavulin in diesem Alter und ich würde ihn dennoch sehr gerne mal probieren.
Passend zu dem Thema Preissteigerung ist mir aus dem Wirtschaftsblatt vom 02.07.2010 ein Artikel ins Auge gesprungen, den ich im Web Archiv gefunden habe. Darin steht, dass Diageo sein Millionenloch im britischen Pensionsfonds mit mehr als zwei Millionen Whiskyfässern stopfen will. In dem Zehn Jahresplan wird dargelegt, dass diese Fässer pro Jahr rund 25 Millionen Pfund Rendite abwerfen sollen. Ob die Kalkulation letzten Endes aufging, oder nicht habe ich nicht herausgefunden. Aber da frage ich mich doch, ob auch das ein Grund für den immer teurer werdenden Whisky ist.
Wie so oft bei großen Konzernen, ist auch Diageo nicht von Kontroversen befreit. Und damit meine ich nicht den Guinness share-trading fraud. Es gab unter anderem 2011 einen Bestechungsskandal in den USA oder die Entlassung von über 70 Außendienstmitarbeitern in Deutschland in 2021.
Dennoch ist Diageo weltweit auf Wachstumskurs und investiert in Brennereien oder kauft Marken dazu. So wurde beschlossen die legendären stillgelegten Brennereien Port Ellen und Brora wieder zu öffnen und Whisky so nahe am Original wie möglich zu produzieren. Seit Mai 2021 produziert Brora wieder und wir können uns in drei Jahren auf den ersten jungen neuen Brora Whisky freuen. Alte Abfüllungen der Distillery sind sehr rar und begehrt und ich bin gespannt, wie Diageo den Einstiegspreis der neuen Releases kalkuliert.
Zwischenfazit
Als kleines Zwischenfazit kann also folgendes festgehalten werden. Lagavulin, der Klassiker der kleinen schottischen Insel Islay, mit mehr als 200 Jahren Tradition in der Whisky Herstellung, gehört zu einem weltweit tätigen Konzern, der auch Rum aus der Karibik oder Australien (Bundaberg) und Vodka verkauft. Sogar an der Börse ist Diageo gelistet.
Der Sitz des Konzerns liegt allerdings in England. Das ist auch nicht unbedingt verwunderlich, wenn man die Wurzeln bedenkt. Der Weg nach Schottland ist somit nicht ganz so weit, wie in anderen Konzernen.
Bald werden wir uns dann mit Beam-Suntory beschäftigen. Der Weg vom Firmensitz nach Schottland ist schon deutlich weiter, als bei Diageo.